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Streitfall / Eigentumsrechte erzwingen ökologischen Unsinn

Zisterne muss wieder raus

Fristen versäumt: trotz öffentlicher Förderung konnte Richter nicht anders entscheiden

Die Zisterne muss wieder ausgebaut werden. So hat es der Haller Amtsrichtere René Stadtmüller in einem Zivilverfahren entschieden. Dabei hatte ein Bürger von Michelfeld, einer 5000 Einwohner-Gemeinde im direkten Umfeld von Schwäbisch Hall, die Zisterne im Garten einbauen lassen, um "Gutes zu bewirken": ökologisch richtige Wasser- und ökonomisch sinnvolle Gelderparnis mittels einer öffentlich geförderten Investition.

Ernst-Walter Hug

Michelfeld. "Das belastet schon, wenn man solch einen rechtlichen Streit im Haus, und ständig mit Anwälten und Behörden zu tun hat", sagt der Michelfelder, der einst als DDR-Bürger wegen seines Ausreiseantrages 14 Monate in Cottbus im Gefängnis der Staatssicherheit eingesperrt war. Hatte er sich nicht hier im Westen eine neue, allseits geachtete Existenz aufgebaut? Er hat sich eine Eigentumswohnung gekauft, hat einen guten Job, von dem er denkt, dass er ihn akkurat erledigt. Durch seine öffentliche Arbeit – er ist bei der Gemeinde angestellt –kennen ihn viele, wissen wie er denkt, wie er arbeitet, wie er lebt. "Ich denke schon, dass ich in der Gemeinde einen guten Ruf habe", sagt er, wie um zu beweisen, dass er kein "Streithansel" ist, der Ärger mutwillig provoziert.

Um diese 7,5 Kubikmeter fassende Zisterne (rechts)geht der Streit. Der ökologisch sinnvolle Sammelbehälter für Regenwasser, dessen Einbau unter den Rasen die Gemeinde Michelfeld mit 300 Euro gefördert hatte, muss nun wieder ausgebaut werden. Zu sehen ist von dem großen Regenwasserbehälter (links) nur ein Schachtdeckel im Rasen, der zudem noch während des Sommers mit einer großen Kübelpflanze abgedeckt wurde. Foto Hug

Seit mehr als zwei Jahren geht jetzt sein Streit um eine Zisterne, die er im Garten hat einbauen lassen. Sein Fehler Nummer eins: er hatte vor dem Einbau keinen der anderen Eigentümer im Haus gefragt, in der irrigen Annahme, sein Sondernutzungsrecht des Rasenstücks samt selbst bepflanzter Böschung vor dem Panoramafenster seines Wohnzimmers begründe auch ein freies Verfügungsrecht über den Boden darunter. Der Paragraph 22 des Wohneigentumsgesetzes (WEG) schreibt das einstimmige ‘Ja’ der anderen Eigentümer zwingend vor.
Ein drei Meter tiefes Loch hatte der Bagger gegraben, dann waren die Betonelemente versenkt und alles wieder verschlossen worden. Im Rasen weist nur ein unscheinbarer Schachtdeckel auf die Zisterne hin.. Wohl 3000 €uro hat der Michelfelder Bürger in den im wahren, wie doppelten Sinn sandigen Boden des Grundstücks gesetzt. Denn nach dem Urteil, das die Miteigentümer des Hauses gegen ihn erwirkten, werden es wohl noch einmal so viel werden. Dabei wollte der Mann mit seiner ökologisch sinnvollen Idee dieses Geld langfristig eigentlich einsparen.
Doch hier kommt der zweite Fehler des Michelfelders ins Spiel. Er hatte die Frist versäumt, innerhalb eines Monats dem ersten Beseitigungsbeschluss des Gerichtes zu widersprechen. So konnte der Richter auch keine der Ausnahmeregelungen nach den Paragraphen 14 und 15 des WEG anwenden, die möglich sind, wenn dadurch das "gedeihliche Zusammenleben" der Parteien gefördert wird. Im Haus des Michelfelders geht es aber ganz und gar nicht gedeihlich zu. Das Klima ist vergiftet. Man redet kaum miteinander.
Unerheblich ist in diesem Fall übrigens, dass die Zisterne unbestritten eine ökologisch sinnvolle Einrichtung ist, die den Wert des Grundstückes sogar steigert. Zudem wurde sie von der Gemeinde mit mehreren hundert €uro gefördert. Unerheblich ist auch, dass die Gemeinde im Neubaugebiet auf der anderen Seite des Ortes solche Zisternen per Bebauungsplan sogar vorschreibt. Ökologie spielt keine Rolle mehr, wenn Eigentumsgesetze entgegen stehen und die Menschen auch außergerichtlich keine Einigung erzielen.
Mittlerweile bekam der Michelfelder von den Anwälten seiner Miteigentümer die Aufforderung, weit über zweieinhalbtausend €uro vorauszuzahlen, damit eine Baufirma beauftragt werden kann, seinen sondergenutzten Rasen wieder aufzugraben und die Zisterne zu entfernen. Denn (ökologisch) richtig ist nicht Recht und seine Streitgegner beharren auf Durchsetzung des Urteils bis zum letzten Betonkrümel drei Meter unterm Rasen.
"Bei solch langen Streitigkeiten sind die Entscheidungen oftmals nicht mehr rational", meint Michelfelds Bürgermeister Wolfgang Binnig. "Aber wir werden uns als Gemeinde da sicherlich in keiner Weise einmischen. Verwaltungsintern beraten werden müsse nun allenfalls, ob der betroffene Bürger den erhaltenen Zuschuss wieder an die Gemeinde zurückzahlen muss.

 

 

 

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