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Marionetten / Am Samstag Premiere des neuen Stückes:"Aladin"

Wie lässt man einen Palast verschwinden?

Die gar nicht so andere Welt der Puppenspieler

Sieben haupt- und eine ehrenamtliche MitarbeiterInnen bilden das Ensemble von Gerhards Marionetten. Für dieses Wochenende bereiten sie die Premiere ihres neuen Stückes "Aladin und die Wunderlampe" vor. Geschäftiges Treiben auf und hinter der Bühne und in den Werkstätten im Stockwerk darüber.

Ernst-Walter Hug

Hall. Doch die Betreiber der Marionettenbühne, Wolfgang und Karin Gerhards sind die Gelassenheit in Person: nach außen hin zumindest. Doch es steckt schon eine Menge Arbeit und Energie dahinter, ein Marionettentheater mit festem Haus zu betreiben. Seit einem Bandscheibenvorfall spielt Wolfgang Gerhards selbst keine Puppen mehr. Er kümmert sich in dem vom Vater ererbten Unternehmen vorwiegend um die Technik und die technische Koordination. Wie steuert man das Licht auf der Bühne? Mit einem uralten Commodore. Wie den Ton? Mit einem G4-Mac, weil's für den alten PowerPC keine schnelle Festplatte und keine adäquate Software mehr gab... "Aber manche Dinge müssen wir auch einfach gemeinsam erledigen", sagt Karin Gerhards. "Unser Marketing zum Beispiel." Und wenn dann mal wieder Zeit für die Aussendung von Werbematerial und Einladungen ist, dann sitzt die ganze Mannschaft im Aufenthaltsraum, der zugleich die Werkstatt der Bühnenbildnerinnen Birgit Link und Verena Unsin ist, und kuvertiert Briefe und Prospekte.

Szene aus dem neuen Stück von Gerhards Marionetten. Foto: rh

Keine dieser beiden "Puppenspielerinnen" hatte je gedacht, dies einmal als Beruf zu tun. Verena Unsin kam von der Haller Fachhochschule, wo sie Kulturdesign studierte. Nach ihrem Praxissemester bei Gerhards kam sie zurück und ist dort jetzt "sozusagen Auszubildende". Birgit Link ist eigentlich gelernte Erzieherin. Schon seit je hat sie Puppen gebaut, einfache für Kinder, etwas kompliziertere für sich selbst. Malen, Werken, das kreative Denken und dann umsetzen hat ihr seit jeher Spaß gemacht. Und so bewarb sie sich auf eine ausgeschriebene Stelle vor mehr als einem Jahr. "Auch ich bin immer noch so 'was wie eine Auszubildende", sagt sie. Und Alexander Schulz ergänzt: "Das Lernen hört eigentlich nie auf." Er ist der "Oldie" unter den Puppenspielern, seit dreizehn Jahren schon dabei. Alles was mit der Praxis des Puppenbaus, mit der Umsetzung von Bewegung zu tun hat, läuft kaum ohne ihn.
"Wir setzen uns da zusammen, und überlegen uns, wenn die Geschichte feststeht, wie man welches Problem löst", sagt er. Beispiel beim Aladin: Wie kommt der Geist aus der Wunderlampe, wie schwebt ein Teppich über die Bühne, ohne dass er in der Mitte durchsackt, und wie lässt man einen Palast verschwinden?
"Wie?" Das ist geheim. "Das geht nur mit Magie!" wirft Wolfgang Gerhards ein und lächelt, denn das Wort Magie betont er wie Maggie.
Und so ist es auch. Das Quäntchen Geheimnis ist die Würze des ganzen Spiels. Hat Margit Merz, die Keramikerin der Truppe die Köpfe richtig entworfen? Hat Käte Hoffmann, die ehrenamtlich mitarbeitende Seniorin die Kostüme so geschneidert, dass man eine Puppe trotz der Fäden hinter der Bühne ruck-zuck umziehen kann?
Sie haben. Alles funktioniert. Die von professionellen Sprechern und Sprachgestaltern aufgenommenen Texte und Dialoge sind fertig, an der Lichtsteuerung sind nur noch wenige Korrekturen vorzunehmen. Es geht quirlig zu, auf und hinter der Bühne, aber von Premierenfieber oder Nervosität keine Spur. Aber vielleicht können das die Puppenspieler, die mit ihren Puppen mitspielen wie echte Schauspieler auf der Bühne - Alexander Schulz nickt, wenn seine Puppe nickt und bekommt genauso "Stielaugen" wie der Wesir, wenn er die funkelnden Diamanten in der Deko sieht - vielleicht können das die Spieler einfach auch nur gut verbergen. Apropos: "Wie verschwindet der Palast?" Kopfschütteln und Lachen: "Maggie!"

Info:
Eröffnung der Herbst-Winter-Spielzeit bei Gerhards Marionetten im Schafstall-Theater: Samstag 28. Oktober 15 Uhr, Premiere von "Aladin und die Wunderlampe". Auch am Sonntag 15 Uhr und am Feiertag 1. November 15 Uhr gibt es Vorstellungen. Gespielt wird dann fast durchgängig mit Ausnahme von Montagen und Freitagen jeweils um 15 Uhr bis zum 20. Dezember.

 

 

 

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