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Kultur / Das Märchen von der schönen Lau nacherzählt

Mörike bei Kerzenschein

Ursula Groh und Hans Kumpf gestalteten Abend
in der Einkorn-Ruine

Eigentlich ist sie keine Schwäbin. Dennoch hat sich Ursula Groh an das in schwäbischer Sprache geschriebene "Märchen von der schönen Lau" des Dichter Eduard Mörike gewagt. In der Ruine auf dem Einkorn bei Kerzenschein erzählte sie, musikalisch begleitet vom Haller Klarinettisten Hans Kumpf, ihren Zuhörern diese Geschichte.

Ernst-Walter Hug

Hall. Bis auf den Versuch, den Zungenbrecher vom "Kletzle Blei glei bei Blaubeira...", machte die Nicht-Schwäbin auch gleich gar nicht den Versuch, Mörikes Sprache rüberzubringen, der selbst die meiste Zeit seines Lebens gar nicht im Schwäbischen sondern im fränkischen Sprachraum verbrachte, in Cleversulzbach, Wermutshausen Hall und Mergentheim. Ursula Groh, die lange in Berlin lebte, erzählte die Geschichte in eigenen Worten - wie eine Märchenerzählerin das so tut, wie's eine der Frauen in der Spinnstube, die in Mörikes Geschichte vorkommen, ebenso getan hätte.

Immer näher dem Dunkel des Brunnenkellersfühlte man sich als Zuschauer in der über die Einkornruine hereinbrechenden Dunkelheit. Fotomontage: haku

Fünf Mal lachen, so Mörikes Märchen, sollte die ob ihrer Traurigkeit über die Zwangsverheiratung mit einem Wassergeist im Schwarzen Meer von ihrem Gemahl die ganze Donau hinauf bis in den Blautopf bei Blaubeuren verbannte "schöne Lau", bevor der "Fluch" der Verbannung gelöst würde. So wohnte sie in den Tiefen des geheimnisvollen Quelltopfs der Blau, einem nur einige wenige Kilometer langen Nebenflüsschen der Donau, um den sich auch schon vor Mörike so mancherlei Erzählungen, Sagen und Geheimnise rankten. Und erst in jüngerer Zeit wurden die geheimnisvollen Kammern und Gänge, die Mörike als Gemächer der "schönen Lau" beschrieb, ja auch durch mutige Taucher in der Realität bestätigt, die mittlerweile ettliche Kilometer an Gängen und Kavernen, Höhlen und von Bächen durchzogenen Tropfsteinhallen hinter dem 28 Meter tiefen Blautopf entdeckt haben. Sicherlich wusste man auch schon zu Mörikes Zeiten etwas über die Geologie der Schwäbischen Alb, als Karstgebirge, an deren Fuße die Blau aus dem Gebirge quillt. War nicht "das Kristalline" die Suche nach Gesteinen und Versteinerungen eines der Hobbies des pensionierten Mörike?
Er wusste sehr wohl, was er (be)-schrieb in seiner Erzählung um die "schöne Lau", auch in seinen - von Ursula Groh weggelassenenen - Abschweifungen um das geistliche Leben in und um die Kirche, deren Orgelklang die "schöne Lau" so gerne lauschte. War Mörike doch selbst - neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit - viele Jahre Pfarrer in des schwäbisch-württembergischen Königs protestantischer Kirche gewesen.
Fünf Mal lachen sollte die Lau bevor sie erlöst wurde. Während die Geschichte sich entwickelte, die Nacht sich immer dunkler über die Ruine senkte und man sich - wohl als Zuschauer - immer näher dem Dunkel des Brunnenkellers in der Schänke "zum Nonnenhof" fühlte, in dessen Tiefen die Lau Kontakt zu den Menschen aufnahm, bevor sie daraus sogar hervor stieg und mit den Frauen in der Spinnstube saß, so wurde das Spiel von Hans Kumpf immer intensiver und das Lachen der Klarinettentöne von Mal zu Mal realistischer, bis selbst die in der Ruine wohnenden Turmfalken sich daran beteiligten.
Ursula Groh und Hans Kumpf werden "die Schöne Lau" ein weiteres Mal aufführen, doch nicht im Freien wie in der Einkornruine sondern im Mörike-Salon in der Oberen Herrngasse zu Hall, am Freitag 22. September ab 19 Uhr.
Zudem wird es Anfang November anlässlich der Märchentage in Berlin einen Abend in der baden-württembergischen Landesvertretung geben, in dessen Mittelpunkt Ursula Groh und Hans Kumpf mit der Mär von der schönen Lau stehen werden.

 

 

 

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