American Football Halbfinale der PlayOffs um die German
Bowl
Ein Pantherspruch für Einhörner bei den
Löwen
Mit Kämpfermut und der Hoffnung auf einen
ehrenvollen 'Tod' fuhren die Unicorns-Gladiatoren gen Braunschweig in
die Arena
von Ernst-Walter Hug
Hall/Braunschweig.
Sie haben ehrenvoll verloren, die Schwäbisch Hall Unicorns. So
ehrenvoll gekämpft haben sie wie der Gladiator im gleichnamigen
Film, den sich die Mannschaft auf der Fahrt zum Halbfinale morgens im
Bus anschaute, zur Unterhaltung und Motivation.
Auf einer gemähten Wiese gleich neben der Autobahnraststätte
Hasselberge hatte es auch gleich das erste leichte Training gegeben,
Spielzüge üben: zur Erinnerung und Einstimmung so wichtig
wie die Aufzeichnungen von Lionsspielen die's danach im Bord TV gab.
Und so wichtig genommen wie beim Einzug in Braunschweig fand sich die
Mannschaft der Unicorns zuvor wohl noch nie. Gab es doch eine richtige
Polizeieskorte für den Mannschaftsbus bis fast zum Stadion, und
das nur, weil der Busfahrer eine zufällig auf der Nachbarspur stehende
Streifenbesatzung nach dem Weg gefragt hatte.
Immer wieder mussten am Spielfeldrand kleine und größere
Malheure behandelt werden. Hier Spieler Christian Rothe, der sich von
Stefan Scheufelke den Knöchel massieren lässt Foto: Hug
Und dann das Stadion: Ja. So spielen Profis. Feinster
Rasen, überdeachtes Tribünenrund, große TV-Anzeigentafel:
auf dem Rasen übten noch die Cheerleader der Lions.
Nein nicht zehn Mädchen wie bei Unixx. Da gab's gleich vier oder
fünf Gruppen, die Catkins und die Lionettes und von den ganz Kleinen,
7, 8-jährigen, die man als Mini-Löwen kostümiert hat.
Und wenn sie Cheerleading praktizieren, dann folgt das Braunschweiger
Volk, da wird im vorgegebenen Takt der Mädchen geklatscht und wenn
sie "louder" fordern, dann kommt der "Lions"-Schlachtruf
doppelt so laut.
Überhaupt haben die Braunschweiger ihre Fans gut dressiert. Fast
jeder Spielzug wird da vom Stadionsprecher nach folgendem Muster angesagt.
"Dieser Pass von Ira Vandever auf Kai Rabus war..."
"Incomplete", schreit das Publikum zurück.
"Dies war ein Takle unserer Nummer 41 Andre..:" "Krüger",
kommt's aus voller Kehle von den Tribünen zurück, "Ein
wundervoller Pass unserer Nummer 3 Adrian..." "Rainbow"
"... auf die Nummer 5 Eric..." "Yuma".
"... und das gibt einen neuen First Down für die Braunschweig..."
"Lions!" Das gesamte Spiel über hörte
das nicht auf. Und diesem von zahlreichen Tröten und anderen Soundgeräten
ergänzten Hexenkessellärm sollten die Unicorns konzentriert
ihre am vormittag noch geübten Spielzüge ausführen. Es
gelang nur teilweise.
Immerhin, man wurde nicht überrant. Die Defense hielt hervorragend
dem Braunschweiger Angriff stand. Die Offense bewegte den Ball durchaus
nach vorne. Fast hätte das Spiel ja begonnen wie das gegen Dresden
eine Woche zuvor, mit einer 2-Punkte-Conversion nach einem geblockten
Kick, von den Unicorns über den ganzen Platz getragen. In Braunschweig
leider nur bis 5 Yards vor die Endzone. Aber so lief es auch meist im
gesamten Spiel. Zu Null - "Halbzeitstand Braunschweig..."
"Lions" "...gegen die Schwäbisch
Hall Unicorns: 19 zu..." "Nuuuuuuul"
- ging man in die Pause, ließ sich in der Kabine massieren, mit
langen Streifen Gewebetape empfindliche Stellen neu abkleben, ließ
sich von den Trainern die gesehenen Fehler erklären und neuen Mut
zusprechen.
Und tasächlich, im dritten Quarter schaffen die Unicorns endlich
einen Touchdown (Vandever auf Seroogy und nach missglücktem Kick
mit dem wieder gesicherten Ball sogar eine 2-Point-Conversion durch
Hassan Rashid. Nur: "die Braunschweig..." "Lions"
waren bis dahin schon 26 Punkte davongezogen. Immerhin das 26:8 hielt
bis zum Seitenwechsel ins 4. Quarter. Doch "dieser Pass war..."
"incomplete", hörte man immer öfter.
Immer häufiger muste das Medical Team am Seitenrand kleine und
größere Wehwechen behandeln. Irgendwie hatte man zu diesem
Zeitpunkt den Eindruck, die Unicornsspieler hatten sich mit dem ihrem
Verlieren und dem Ausscheiden aus dem Wettbewerb abgefunden. Immer öfter
und immer länger musste das mitgereiste Häuflein der Unicornsfans
unter den 6887 Zuschauern ihre "Defense" Rufe erheben,
die kaum durch den Lärm der Lionsfans drangen. Aber: von einem
Aufbäumen der Unicorns, wie man es so oft während der Saison
gesehen hatte, keine Spur.
Nein, sie spielten nicht lustlos, die Haller Unicorns, aber Bewegungen
und Bemerkungen in den Reihen an der Bande zeigten, man absolvierte
Pflicht. Das aufbauende Element eines heimischen Publikums fehlte. Zwei
Minuten vor Schluss stimmten die BSL-Fans bekannte Gesänge an:
"Ihr könnt nach Hause gehn...", die letzten
sechs Sekunden auf der großen TV-Anzeigentafel wurden laut runtergezählt.
"Enttäuscht, aber nicht all zu sehr", wie HeadCoach Siegfried
Gehrke später in der Pressekonferenz sagte, verließen die
Unicorns das Spielfeld, Nicht ohne sich bei ihrem kleinen Fanblock auf
der Osttribüne besonders zu bedanken.
Die Bielefelder waren die um eine Klasse nicht bessere, aber vielleicht
professionellere Mannschaft, auch wenn das Ergebnis um einen Touchdown
zu hoch ausgefallen ist. "Das Ergebnis täuscht. Es war alles
andere als einfach gegen die Unicorns zu gewinnen," zollte Bielefelds
Coach Kent Andersonn den Einhörnern Respekt. Die Unicorns aber
sollten gegenüber den Löwen eine kleine Anleihe bei einem
Panther machen: "Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder,
keine Frage."
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