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Gelbinger Gasse / Seit 20 Jahren Fußgängerzone – Viele Veränderungen, nicht alle sind glücklich

Flaniermeile aufwerten

Bäumchen statt Poller – Anlieger hätten gern die orangene 20-Minuten-Parkkarte kostenlos

Als man in den 70ern mit der Fußgängerzone in der Innenstadt gute Erfahrungen gemacht hatte und mit dem Parkhaus unterm Landratsamt genügend Parkraum zur Verfügung stand, wurde auch aus der beliebten Parkplatzstraße Gelbinger Gasse eine Fußgängerzone: 20 Jahre ist das jetzt her. Am 18. Mai 1985 war offizielle Einweihung.

Ernst - Walter Hug

Schwäbisch Hall. Einst war in der Gelbinger Gasse alles vorhanden. Wer "in der Vorstadt" wohnte, musste eigentlich selten "in die Stadt". Es gab mindestens sechs Bäcker, vier oder fünf Metzgereien, Gasthäuser, Friseure, eine Apotheke, Läden für Bekleidung, Schreibwaren und Zeitungen, Radio und Elektronik, ja sogar einen Lebensmittelladen. Doch schon in den 60ern begann die große Veränderung. Immer weniger Bäckereien boten ihre Waren an, die Metzgereien schlossen, eine nach der anderen – fast könnte man meinen in dem Maße, wie der Verkehr zunahm.

Die Gelbinger Gasse in Hall ist seit 20 Jahren eine Fu§gŠngerzone. Gediegene FachgeschŠfte und eine vielfŠltige Gastronomie zeichnen sie aus. Foto: Arslan

Der Lebensmittelladen schloss, ein Orthopädiespezialist zog ein, aus dem Radiogeschäft Köhler wurde ein Händler für Malerbedarf, später ein Juwelier, aus einer der letzten Metzgereien (Wieland) ein Fahrradladen, daraus ein Teefach-geschäft, aus dem Damensalon nebenan erst Volkers Plattenkiste, dann ein Laden für Design-Klamotten. Die Eisdiele Rialto öffnete, die Familie Becker von der chemischen Reinigung im Haus der ehemaligen Bäckerei Ebert – weiter vorne neben Fräulein Burkhards Miederwaren und der Kürschnerei Löhr (heute China-Shop) – wanderte nach Südafrika aus, nachdem sie von Australien nicht genommen wurde, Schumacher Elbel zog aus dem Souterrain-Geschoss der Parfümerie nach oben in seine alten, ursprünglichen Räume zurück, im Turm öffnete eine neue Buchhandlung, am Eingang zum neuen Parkhaus ein Musikgeschäft.
Und dann kamen die Bagger: "Quasi über Nacht", erinnert sich Schuhmacher Elbel, "am ersten Tag des Sommerschlussverkaufs." Das war im Sommer 1984. Eine Katastrophe für die Händler in der Gasse. Auf Bohlen mussten die Kunden über Gräben zu den Eingängen der Geschäfte balancieren, an manchen Tagen auch von Erdhügel zu Erdhügel über den Graben springen: "Tagesumsatz 5,80 Mark" erinnert sich einer der Geschäftsleute, das war in diesen Sommerwochen der Normalzustand. Gas-, Wasser- und Abwasserrohre wurden verlegt und daneben Strom-, Telefon- und Fernsehkabel, bevor die Fußgängerzone gepflastert wurde.
So mancher Händler gehört bis heute zu denen, die die Fußgängerzone nicht mögen. Ausbleiben von Kunden wurde damals befürchtet, Ärger mit den Behörden, weil Anlieferung, Vertreterbesuche, ja selbst das einfache Ausladen von Einkäufen oder das Beladen eines Autos nicht mehr zu jeder Tageszeit möglich ist, ohne gegen Regeln zu verstoßen. "Mittlerweile müssen wir dafür sogar bezahlen, denn eine Ausnahmegenehmigung kostet Geld", beschwert sich nicht nur einer der Gelbinger Gässler. Dabei sehen sie durchaus ein, dass Genehmigungen erforderlich sind. Weshalb aber ein und derselbe Vorgang in der Gasse Geld kostet, zu Hause in Hessental aber nicht, versteht etwa Reinold Elbel nicht. Auch mancher Anwohner der Fußgängerzonen glaubt, nicht gleich behandelt zu werden wie andere Bürger. Ihre Forderung: die orangene 20-Minuten-Parkscheibe muss an Anwohner wieder kostenlos ausgegeben werden.
Befürworter der "Flaniermeile", das sind vor allem diejenigen, die gastronomische Angebote machen, denn sie profitieren davon, dass man im Sommer im Freien sitzen kann. Sie haben jetzt zum Jubiläum den Vorschlag gemacht, die Gasse etwas zu überarbeiten, aufzufrischen. Wie wäre es mit Bäumchen statt Pollern? Sie würden die Gasse vor allem im hinteren Teil und im Bereich der Musikschule aufwerten.

 

 

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