Landwitrschaft/ Demonstration mit Markt und Kirche
Gentechnikfreies Hohenlohe feiert und mahnt
Sambatrommeln, Bio-Essen, Infostände
und Reden - von Weizsäcker: Co-Existenz ist Schwindel - OB : Keine
Gentechnik auf verpachtetem städtischen Ackerland
Hohenlohe ist 2005 zumindest gentechnikfrei. Damit das
aber so bleiben kann bedarf es weiter großer Anstrengung. Die
großen Konzerne, die Herbizide und dagegen resistentes Saatgut
verkaufen wollen, greifen oft zu schlimmen und unethischen Tricks. 1110
Landwirte aus Hohenlohe, das sind etwa 20 Prozent der Vollerwerbslandwirte,
haben sich per Unterschrift der Gentechnik verweigert.
Ernst-Walter Hug
Schwäbisch Hall.
Beim Saatgut steht die Front. Schon ganz anders sieht es aus beim Futter.
Bei manchem Landwirt zählt hier der Preis. Ob zugekaufter Futter-Schrot
nicht doch Gen-Mais und Gen-Soja enthält?
Doch die Tatsache, dass im Hohenlohischen kein einziger Landwirt in
der beim Verbraucherministerium geführten Liste derjeniger auftaucht,
die Flächen für Aussaat-Versuche(?!) etwa von gentechnisch
verändertem Mais angemeldet haben, nahm das seit dem vergangenen
Jahr arbeitende Bündnis als Anlass zum Feiern. Mit Samba-Trommeln
und gespendetem Bio-Essen mit Infoständen und Reden versuchte das
Bündnis Gentechnik Freies Hohenlohe die Basis seines Widerstandes
zu verbreitern. Nicht ohne Grund, so Biolandbauer Hartmut Engelhardt,
wählte man einen Markttag: die Verbraucher haben's in der Hand.
Nicht ohne Grund versammelte man sich auf dem Vorplatz von St. Michael.
Die Kirche, die konfessionell organisierten Landwirte des Evangelischen
Bauernwerkes sind starke Partner.
Sprachen bei der Kundgebung: von links
Biolandbauer Hartmut Engelhardt, Professor Dr. Ernst Ulrich vonWeizsäcker
und Dekan Richard Haug. Fotos: Arslan
Kleine Demonstration mit Samba-Klängen
über den Wochenmarkt.
Ein klares und deutliches Nein kam dessen Vorsitzender,
Ulrike Siegel. Schon vor achteinhalb Jahren habe das Bauernwerk in Hohebuch
ein Positionspapier verabschiedet, in dem es eindeutig heißt,
dass eine Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen solange
zu unterbleiben habe, solange auch nur ein Zweifel bestehe. "Unsere
Erzeugnisse", so die engagierte Bäuerin, "sind bereits
hochwertig. Dazu brauchen wir keine Gentechnik."
Ins gleiche Horn stieß auch Rudolf Bühler von der bäuerlichen
Erzeugergemeinschaft: "Wir werden uns Pflanzen- und Tierzucht nicht
aus den bewährten bäuerlichen Händen nehmen lassen. Freiheitsliebende
Hohenloher Bauern werden niemals zustimmen, dass darüber irgendwelche
Konzernchefs zu bestimmen haben. Unsere landwirtschaftliche Produktion
orientiert sich nicht am Profit weltweiter Konzerne sondern an unserem
Respekt vor der Schöpfung."
Wie die Konzerne vorgehen, um ihre Pflanzenschutzmittel und ihr gentechnisch
verändertes Saatgut abzusetzen - und eines dient lediglich dem
andern zur Profitmaximierung - darüber berichteten Halls OB Hermann
Josef Pelgrim aus seiner eigenen Berufserfahrung in den Drittwelt-Ländern
Chile und Nicaragua, und Gastredner MdB Professor Ernst-Ulrich von Weizsäcker.
So habe etwa der Konzern Monsanto Druck auf die Kanadische Regierung
ausgeübt, einem hochangesehenen Wissenschaftler ein Visum zu verweigern,
damit er an einem Kongress zur Eindämmung der Gentechnologie teilnehmen
konnte, ebenso einer Gruppe von Baumwollbauern aus Indien, die man als
Terroristen angeschwärzt habe, nur weil sie sich dem Diktat des
Konzerns verweigern. Baumwollbauern nämlich, die gentechnisch verändertes,
pestizidresistentes Baumwollsaatgut verwenden, geht es heute schlechter
als vorher. Sie müssen nicht nur die teuren Wirkstoffe einkaufen,
sondern auch das viel teurere Saatgut vom selben Konzern. Größere
Erlöse haben sie nicht. Denn wenn sie mehr Baumwolle abliefern
fallen wegen des größeren Angebotes prompt die Preise. Ähnlich
auch in Argentinien: Kaum noch Soja-Aanbau, der nicht mit gentechnisch
verändertem Saatgut geschieht.
Und ist erst einmal solches Saatgut im Land ausgesät, dann heißt
die Argumentation: "Was wollt Ihr denn? Wir sind doch schon da!
Genau das ist die Crux," so von Weizsäcker. "Co-Exi-stenz
zwischen gentechnisch verändert und nicht verändert ist ein
Schwindel." Wind und Bienen tragen das Genmaterial mit den Pollen
überall hin. Wind und andere Tiere streuen später reife Samen
weitab von Kulturen in andere hinein. Man braucht doch nur mal zu schauen,
wo überall Raps weit entfernt von den Feldern wächst.
Und OB Pelgrim: Er will erreichen, dass bereits in die Pachtverträge
von stadt-eigenem Ackerland hineingeschrieben wird, dass dort gentechnisch
verändertes Saatgut nicht angebaut werden darf. Weniger klar und
deutlich das Nein des Hausherrn, Dekan Richard Haug. Zwar hieß
es in seinen Ausführungen: "Verantwortung für Schöpfung
sei etwas ganz Wesentliches" Doch er gab auch zu bedenken, dass
die Gentechnik an sich weder Segen noch Fluch sei, man drürfe sie
weder verteufeln noch von ihr die Errettung vor dem Welthunger erwarten.
Die Kirche könne kein abschließendes Urteil abgeben, wolle
aber ein Forum zum Meinungsaustausch bieten und Auswirkungen kritisch
begeleiten. Wenn es schon keine Möglichkeit gegen das Fortschreiten
solcher Technologien gebe, so solle man doch die Wahlfreiheit erhalten.
Doch, so fragt man sich: was heißt Wahlfreiheit im Falle Gentechnik
(wie im Fall Atomenergie)? Heißt das nicht, das Schlechte erhalten,
damit man das Gute predige kann?
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