Hällisch Fränkisches Museum / Europäischer
Gedenktag jüdischer Kultur
Was eigentlich ist das: koscher?
Veranstaltungen gab's in 27 europäischen
Ländern
Historische Kulturdenkmäler der Juden in Europa
zu besuchen, waren interessierte Menschen am vergangenen Sonntag eingeladen:
Synagogen, Friedhöfe, jüdische Gemeindehäuser. Das Hällisch-Fränkische
Museum beteiligte sich mit einer Führung durch seine Judaica-Sammlung
und mit einem Vortrag zur 'jüdischen Küche'
Ernst-Walter Hug
Hall. Nicht allzuviele
Besucher konnten sich morgens um 11 Uhr schon zu einem Besuch im Hällisch
Fränkischen Museum entschließen, wo Museumsleiter Armin Partner
anhand einer Führung durch die Judaica-Sammlung, insbesondere natürlich
zur erhalten gebliebene Synagogen-Vertäfelung des Eliezer Sussmann
von 1738/39, Einblicke in die Geschichte der Juden in der Reichsstadt
Hall und im Hällischen ringsum vermittelte.
Museumsleiter Armin Panter führte durch die Judaica
des Hällisch-Fränkischen Museums Foto: Arslan
Ähnliche Veranstaltungen gab es in der Region: in
Werheim, wo das Grafschaftsmuseum zu einer Ortsbegehung einlud, in Forchtenberg
wo man biographischen Spuren und Kulinarischem aus der Lyrik Getrud
Kolmars anhand von Kostproben jüdischer Speisen nachspürte
oder in Michelbach an der Lücke, wo's neben Führungen durch
die erhalten geblieben Synagoge ein Konzert mit Klezmermusik bei israelischem
Wein und kleinen koscheren Köstlichkeiten gab.
Koscher? Was bedeutet eigentlich dieses Wort? Vielleicht hat man es
schon benutzt in der Bedeutung von sauber, vertrauenserweckend, astrein,
meist wohl in der Negation: die/derjenige oder irgendetwas sei nicht
ganz koscher... Was es tatsächlich mit diesem Begriff und der jüdischen
Küche auf sich hat, die nur koschere Produkte verwendet, darüber
klärte am Sonntag Nachmittag im HFM der Referent Janusz Pawelczyk-Kissin
aus Heidelberg auf.
Wer schon Religion als solche für nicht vereinbar mit der aufgeklärten
naturwissenschaftlichen Welt hält, wird Schwierigkeiten damit haben,
sich zu erklären, wieso erwachsene, denkende Menschen sich so etwas
wie jüdischen Speisegesetzen aussetzen und versuchen danach zu
leben. Nur etwa zehn Prozent aller Juden weltweit tun das tatsächlich,
so der Referent. Am ehesten noch zu vergleichen sind sie mit den Vorschriften
und Bräuchen in der katholischen Kirche zur Fastenzeit. Nur: Koscher
gilt das ganze Jahr. Das bedeutet, dass sich die Nahrung in Übereinstimmung
mit den Gesetzen der Thora und deren Auslegung durch die Gelehrten befindet,
bedeutet, dass sie unter Aufsicht der Religionsgerichte hergestellt,
verarbeitet gebacken, geschlachtet wurden (Schon eine Scharte im Schlachtmesser
macht aus eienm an sich koscheren Tier unkoscheres, nicht verzehrbares
Fleisch). Und es setzt voraus, dass schon die Grundzutaten koscher,
bzw überhaupt dazu fähig waren, koscher zu sein. Schweine
zum Beispiel sind es nicht. Tiere, die auf einer Jagd erlegt wurden,
sind es (weil abgeschossen und nicht geschächtet) nicht. Meeresgetier,
das keine mit den Augen ersichtlichen Schuppen hat, ist es nicht. Dazu
kommt die strikte Trennung von milchigen und fleischlichen Speisen.
Also keine Eierspätzle mit Rahmgulasch vom Wildschwein: völlig
unkoscher, keine mit Käse überbackene Schinken-Salami-Pizza
oder fritierte Tintenfischringe... Ja - und das hält sogar der
Referent, der selbst koscher lebt, für übertrieben - selbst
Dinge wie Pappbecher oder Alufolie brauchen einen "Koscher"
Stempel, weil bei ihrer Herstellung unkoscheres Öl verwendet worden
sein könnte. Oder, dass man Geschirr und Besteck für fleischige
oder milchige Speisen nicht in der gleichen Spülmaschine säubern
kann.
Gar nicht so schwierig, wie man denkt, ist es, auch in der modernen
Zeit, koschere Lebensmittel einzukaufen. Selbst viele Industrieprodukte,
von Cornflakes über Konfitüre bis Mozarella-Käse, die
man in ganz normalen Supermärkten einkaufen kann, tragen auf ihrer
Verpackung "Koscher" Kennzeichnungen. Nur für wenige
Produkte, wie Fleisch, das ja unter ganz bestimmten Bedingungen geschlachtet
worden sein muss, aber auch Dinge wie Käse oder Süßigkeiten
(Gelatine!) lässt man sich von spezialisierten Versendern schicken,
oder - so macht es der aus Heidelberg stammende Referent - fährt
zu speziellen Supermärkten, wie es etwa in Straßburg einen
gibt..
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