Jugend forscht / Haller Schülerin ist Hessische Landessiegerin
Mal kurz ins Krebsforschungszentrum
Schülerforschungsteam weist Wachstumsfaktor
der Wundheilung in Krebszellen nach
Sie heißt Anja Kretzschmar, wohnt in Schwäbisch Hall, macht
gerade am Erasmus Widmann Gymnasium im Schulzentrum West ihr Abitur
und ist Landessiegerin beim Wettbewerb Jugend forscht - in Hessen. Wie
das kam und wofür sie mit ihren beiden Mitforschern im Team den
Preis bekam, erzählte sie ihren Mitschülern in einem Vortrag
in der Aula des SZW.
Ernst-Walter Hug
Schwäbisch Hall. Im Sommer
2003, bei einer 14-tägigen internationalen Schülerakademie
hatte Anja Kretzschmar ihre beiden Mitforscher kennengelernt. Biologie,
Chemie, das waren ihre Fächer, die Funktionsweise von Proteinen,
Signal- bzw. Botenstoffen in lebenden Zellen das Thema der Akademie.
"Das hat uns ziemlich fasziniert, was für Zusammenhänge
es gibt und was man auf diesem Gebiet immer noch entdecken kann",
so die Haller Schülerin. Damals hatte man z.B. gerade erst einen
Stoff entdeckt, SDF-1 nannten ihn die Forscher, der mit seiner Zellteilung
stimulierenden Wirkung an der Wundheilung beteiligt ist.
Der Wachstumsfaktor selbst wird in der zweitobersten Schicht der Haut,
der Dermis, in sogenannten Fibroblasten gebildet.
Ihre Anweisung dazu bekommen die Fibroblasten von den Hautzellen der
darüber liegenden Epidermis selbst. Sie teilen den Fibroblasten
durch einen weiteren Botenstoff namens Interleukin-1 mit, in welchem
Entwicklungszustand sie sich gerade befinden, ob sie sich teilen müssen,
um neue Hautzellen zu bilden oder nicht. Ganz außen schuppt sich
verhornte Haut tagtäglich ab, von unten schieben neue Zellen nach,
sodass sich die Haut innerhalb weniger Wochen vollständig erneuert.
So der normale Prozess.
Aufgrund ihrer Arbeit bei der Sommerakademie kamen die Schüler
auf die Idee, dass der neuentdeckte Wachstumsfaktor SDF-1 sich auch
in Hautkrebszellen finden lassen müsste. Denn auch bei Hautkrebs
kommt es ähnlich wie bei der Wundheilung zur verstärkten Zellteilung.
Man müsste SDF-1 also auch in Gewebeproben von Krebszellen nachweisen
können.
Ihre Ideen tauschten die Schüler vor allem übers Internet
aus, denn sie wohnen ja an ganz verschiedenen Orten: Abiturient Sasan
Partovi im hessischen Karben, Lisa Marlene Reinhard in Heidelberg, wo
sie jetzt Medizin studiert, und Anja Kretzschmar war in Hall vielbeschäftigte
Schülersprecherin, nahm neben all ihren schulischen Aktivitäten
am EWG auch an einem vierwöchigen Schüleraustausch mit den
Vereinigten Staaten teil und am Projekt "Probier die Uni aus",
das an der Universität von Stuttgart stattfand. Dazu Tanzen in
der Tanz-AG des EWG, Tennis oder Geige Spielen im Schulorchester. "Am
faszinierendsten ist für mich aber immer noch die Welt der Wissenschaft",
meint Anja Kretzschmar.
Trotzdem: nur theoretisch kamen die jungen Forscher nicht an ihr Ziel.
Über Kontakte ihrer mittlerweile studierenden Mitforscherin Lisa
kamen sie ans Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), wo man von ihrer
Idee ziemlich angetan war. Denn Hautkrebszellen hatte noch niemand auf
SDF-1 untersucht. Natürlich ging das nicht ganz ohne Probleme.
Schließlich mussten Schüler und
Studentin erst mal die Methodologie erlernen. Vieles wurde ihnen dabei
von ihren Betreuern Peter Angel, Axel Szabowski und Jochen Hess am DKFZ
beigebracht. Es wurden ihnen auch wertvolle Materialien zur Verfügung
gestellt: Gewebeproben von Hauttumoren und Zellkulturen, Antikörper
und andere, zum Teil selbst krebserregende Untersuchungschemikalien,
Gerät-schaften und Testmaterialien, etwa um eine Gel-Elektrophorese
ablaufen zu lassen, durch die verschiedene Proteine voneinander getrennt
werden, ähnlich wie Farbstoffe in Fließpapier, um das Vorkommen
bestimmter Stoffe - in ihrem Fall eben SDF-1 - in Zellkulturen durch
chemische Luminiszenz nachzuweisen. Bei zwei Hautkrebsarten gelang den
Schülern schließlich dieser Nachweis auf einem belichteten
Spezialfilm.
"All das übers Internet dann schließlich in gegenseitigem
Austausch in eine kompakte schriftliche Form zu bringen, in einer Heidelberger
Druckerei Plakate für unsere Präsentation beim Landeswettbewerb
in Hessen zu erstellen und dort unseren Stand zu organisieren, das war
noch mal ein Stück Arbeit für sich", sagt Anja Kretzschmar.
Sie waren, sie sind ein richtiges Forscherteam, wie in der großen
Wissenschaft. Ende Mai dürfen sie zum Bundeswettbewerb nach Dortmund
und werden dort auch das andere Team aus Hall treffen, das vom Gymnasium
St. Michael kommt und in Baden-Württemberg im Fach Informatik gewonnen
hat. "Nicht erst dort", sagt Igor Pochorovski, der ja neben
der Informatik besonders an Chemie interessiert ist, und extra von St.
Michael ins SZW gekommen war, um den Vortrag seiner 'Kollegin' zu hören.
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